Göttinger Tageblatt

20.12.2022 - Klimaaktivisten besetzen FKG

Schüler besetzen Felix-Klein-Gymnasium
Schulleiter ruft die Polizei / Rund 35 Schüler übernachten in Aula

Göttingen. Etwa 30 Schülerinnen und Schüler haben am Montagmittag die Aula des Felix-Klein-Gymnasiums (FKG) besetzt. Zu diesem Zeitpunkt war die Schule beinahe menschenleer, da am Montag wegen Eisglätte der Unterricht an allen allgemeinbildenden Schulen ausgefallen war. Von ihrer Schule fordern die Schüler nach eigenen Angaben einen für politische Zwecke nutzbaren, selbst verwalteten Raum und eine Behandlung der Klimakrise im Unterricht.
Die Besetzung begann turbulent. Nur wenige Minuten, nachdem die Schülerinnen und Schüler die Aula des Gymnasiums besetzt hatten, klingelte es am Eingangsportal: Schulleiter Michael Brüggemann hatte die Polizei über die Besetzung informiert und die Beamten um Hilfe gebeten – kurz zuvor soll er noch versucht haben, auf seine Schüler einzuwirken und die Protestaktion zu beenden. Wenige Minuten später stand dann bereits die Polizei vor der Tür, um 13 Uhr befanden sich fünf Einsatzfahrzeuge vor dem Schulgebäude.

Fünf Polizeiautos am FKG

Zunächst riegelten die Polizeibeamten die Schule ab, sodass niemand mehr das Gebäude betreten konnte. Kurze Zeit später traf die Schuldezernentin der Stadt Göttingen, Maria Schmidt, an der Schule ein. Nach einer Besprechung zwischen Schulleitung, Polizeieinsatzleitung und der Schuldezernentin kam es zu einem Dialog mit den Besetzern. Schmidt habe dabei den Eindruck gewonnen, „dass es sich insgesamt um eine friedliche Protestaktion handelt. Bleibt der Protest friedlich, ist eine Räumung vorerst nicht vorgesehen.“ Die Stadtverwaltung strebe stattdessen eine „kommunikative Auflösung der Situation“ an.
Die Dauer der Besetzung am FKG sei noch unklar, sagt Emil Focks (17). Er ist Schüler des FKG und Teil der Gruppe „End Fossil: Occupy“, die auch an den beiden anderen Göttinger Schulen die Besetzung organisierte. Die Gruppe fordert von der Bundesregierung eine sofortige Verkehrswende, die Abkehr von fossiler Energie sowie eine Übergewinnsteuer für Energieversorger.
Es ist die inzwischen dritte Schulbesetzung in Göttingen durch klimaaktivistisch motivierte Jugendliche binnen zweier Monate. Wie auch am Hainberg-Gymnasium und der IGS Geismar haben 35 Schüler vor, im Schulgebäude zu übernachten. Für die erste Nacht hätten sich Elternteile bereiterklärt, die Aufsicht über die Jugendlichen zu übernehmen, sagt Schulleiter Brüggemann. Ab Dienstag werde ein Wachdienst organisiert, der Ein- und Ausgang regele.

Schulleiter kritisiert Aktivisten

Brüggemann wurde von einem der Hausmeister über die Besetzung informiert. Diesen hätten die Schüler „unter Vortäuschung falscher Tatsachen“ dazu gebracht, die zugesperrte Aula aufzuschließen – indem sie behauptet hätten, etwas Wichtiges dort vergessen zu haben. Zudem habe er unter den rund 20 Jugendlichen in der Aula nur drei bis vier Schüler des FKG ausmachen können. Im Gespräch verweist er zudem auf Schmierereien an der Schulfassade, die vor etwa einer Woche mit Sprühfarbe dort aufgebracht wurden. Unbekannte hatten mit schwarzer und grüner Farbe Sprüche gesprayt wie „Kostenloser ÖPNV für alle“ und „Schulen besetzen“.
„Wir distanzieren uns von der Graffiti-Aktion“, sagte eine Sprecherin der Besetzer. Einzelne Personen hätten ohne Absprache mit der Gruppe gehandelt. „Uns ist klar, dass Sachbeschädigung kein Weg ist“, so die Schülerin Luca (17). Betreffende Personen hätten sich entschuldigt. Bekannt hat sich allerdings offenbar niemand.
Die Aktivisten räumten ein, dass auch Schüler des Hainberg-Gymnasiums und der IGS Geismar an der Besetzung mitwirkten. Dennoch sei über ein Dutzend der Besetzer vom FKG selbst. „Die Klimakrise ist so präsent, dass uns keine andere Wahl bleibt, als alle verfügbaren Menschen zu mobilisieren“, sagt Luca. Im Verlaufe der nächsten Tage würde die Gruppe ja auch wachsen – wenn man sie lässt. Mit einem Livestream der Besetzung wollen sie bei ihren Mitschülern dafür Werbung machen, sich der Besetzung anzuschließen.
Motivation für den Protest zögen die Schüler aus der „Perspektivlosigkeit, der wir – die junge Generation – ausgesetzt sind“, sagt Focks. Sie seien frustriert, dass die Regierung selbst einfachste Maßnahmen verhindere, die der Klimakrise entgegenwirken könnten. „Die Regierung kommt ihrer Verantwortung nicht nach. Deshalb sind wir gezwungen, unsere eigene Schule zu besetzen.“

Quelle: https://epaper.goettinger-tageblatt.de/webreader-v3/index.html#/968947/9

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