Göttinger Tageblatt

26.06.2011 - Abi-Verabschiedung im Jahnstadion

Felix-Klein-Gymnasium

Abiturienten erhalten Zeugnisse im Jahnstadion

Felix-Klein-Gymnasium wählt besonderen Ort für Entlassungsfeier / "Spinner" braucht diese Welt

Beifall brandet auf, als die knapp 280 jungen Frauen und Männer auf der Tartanbahn des Jahnstadions auflaufen. Das Publikum auf der Haupttribüne erhebt sich, Musik ist zu hören, die Veranstaltung beginnt: die Entlassungsfeier der Abiturienten des Felix-Klein-Gymnasiums (FKG).
Göttingen. „Ungewöhnliche Umstände erfordern ungewöhnliche Maßnahmen", erklärt Direktor Klaus Juraschek. Er steht auf einer Bühne vor der überdachten Tribüne und blickt in knapp 1800 Gesichter. Doppelt so viele Abiturienten wie gewöhnlich wurden in diesem Jahr bei den Entlassungen, die in Göttingen größtenteils am vergangenen Wochenende stattfanden, verabschiedet. Geschuldet war dies der Schulreform von 2004, bei der die Orientierungsstufe abgeschafft wurde und auf einmal drei Jahrgänge gleichzeitig auf den weiterführenden Schulen aufgenommen werden mussten: die Klassen Fünf, Sechs und Sieben. Dazu wurde in den folgenden Jahren das Abitur von 13 auf zwölf Jahre verkürzt.„Vor allem die sechsten Klassen waren damals eine Herausforderung, da keiner mit ihnen gerechnet hatte. Die Lehrpläne wurden während des Schuljahres erstellt, Schulbücher fehlten", erinnert sich der Direktor. Nun, knapp sieben Jahre später, ist die Herausforderung des doppelten Jahrgangs für Schüler und Lehrer vorbei. „Am Ende war nicht mehr zu erkennen, wer zu welchem Jahrgang gehörte, da die beiden Jahrgänge gemeinsam in der Oberstufe unterrichtet wurden."

Dies bestätigt sich bei der Schülerrede: Als Eida Koliaiy und Konstantin Serwazi am Rednerpult stehen und sich bei ihren Mitschülern, Lehrern und Eltern für die Unterstützung in den vergangenen Jahren bedanken, ist nicht sofort zu erkennen, wer nach zwölf und wer nach dreizehn Jahren das Abitur geschrieben hat – dabei ist sie 20, er hingegen erst 17 Jahre alt.

Viele Abiturienten sind am Ende zufrieden mit dem einmaligen Experiment „Doppelter Jahrgang". „Mir hat es gut gefallen, da man Kontakt zu Älteren hatte und so viel mehr Menschen kennen lernte", sagt Rebecca Pretzsch.
Die 18-Jährige beendet nach zwölf Jahren das Abitur, als Physik- und Jahrgangsbeste.
Auch Stella Weber, 18 Jahre, und Christian Böning, 19 Jahre,
fanden den doppelten Jahrgang gut. „Alle haben sich angestrengt und bemüht", sagt Böning. „Und man merkte am Ende nicht mehr, wer zu welchem Jahrgang gehörte. Man hatte Freunde in beiden Jahrgängen", erzählt Weber. „Es war nur schade, dass das 11. Schuljahr wegfiel. Die Reife aus diesem Jahr fehlt teilweise." Diese Zeit will sie jetzt während eines Auslandsaufenthaltes in Australien nachholen.
Kurz vor Ende der Entlassung, bevor die Abiturienten ihre Zeugnisse auf der Gegentribüne bei Sekt und Orangensaft von ihren Tutoren überreicht bekommen, geht Direktor Juraschek noch einmal auf den besonderen Veranstaltungsort ein: „Wir wurden bei der Wahl des Stadions für Spinner gehalten.  Aber Spinner braucht diese Welt, und ich hoffe, dass wir auch heute eine Menge von ihnen entlassen haben."  Die Chancen dafür stehen auf jeden Fall nicht schlecht, denn einen größeren Abiturjahrgang wird es im FKG wahrscheinlich nicht wieder geben.
Zurück (2011)
Nach oben