Göttinger Tageblatt

13.06.2002 - Reise in die Welt der Diebe, Bettler und Huren

Bertolt Brechts Dreigroschenoper im Felix-Klein-Gymnasium / Viel Beifall für Premiere

Reise in die Welt der Diebe, Bettler und Huren

Göttingen (np). "Mein Geschäft ist es, das Mitleid der Menschen zu rühren", weiß Jonathan Jeremiah Peachum. Als geschäftstüchtiger "Bettlerkönig" Londons weist er seinen Leuten Distrikte der Stadt zu und verteilt "Lizenzen zum Betteln". Alles läuft gut. Doch dann schwant ihm, dass seine Tochter den Bandenchef Mackie Messer heiraten will. Gemeinsam mit seiner Frau Celia schmettert er den "Anstatt-Dass-Song". Bertolt Brechts "Dreigroschenoper" hatte am vergangenen Dienstag Premiere im Felix-Klein-Gymnasium.
Die Schüer entführten ihr Publikum mit sparsamer Kulisse in die Welt der Diebe, Bettler und Huren des viktorianischen London. Doch der Inhalt zielt auf die Gesellschaft der Weimarer Republik, die in den Texten und Liedern mit Satire und Spott kommentiert wird. Verbrecher, Huren und Bettler geben sich als seriöse Geschäftsleute, der Umkehrschluss liegt nahe: Die so genannte bürgerliche Gesellschaft ist genauso kriminell wie die Verbrecherwelt: "Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?" fragt deshalb Mackie Messer.
Die schauspielerische Leistung und die mitreißend gesungenen Songs ernteten während der fast dreistündigen Aufführung immer wieder großen Beifall. Patrik Tabatabai als aalglatter Mackie Messer überzeugte in seiner Rolle ebenso wie Maren Janetzky als Polly Peachum, die nicht immer nur die "Unschuld in Weiß" ist. Juliane Ritzka präsentierte die Celia Peachum herrlich ordinär und durchtrieben. Paolo Ramadori als tölpeliger Polizeichef Brown gab sein komisches Können zum Besten. Laura Zucchini in der Rolle der Spelunken-Jenny begeisterte sowohl durch ihr Spiel als auch ihr Singen. Auch die Rollen der Bettler, Huren, Ganoven und Polizisten waren gut besetzt, der Chor trug erheblich zum Gelingen des Stückes bei. Das Orchester spielte souverän die nicht immer ganz einfache Musik Kurt Weills.

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