Göttinger Tageblatt

09.02.2002 - Während andere noch über Pisa grübeln...

Während andere noch über Pisa grübeln...

Ein Frauen-Chor mit Herren-Krawatten - guter Einfall, aber sicherlich schon mal dagewesen. Eine Wollmütze mit Ohrenklappen auf dem Kopf des Bigband-Bassisten in heißer, weil vollbesetzter Schul-Aula - fast schon ein alter Hut. Eine Aufführung von Andersens "Tarantella" für Querflöte und Klavier in Adidas-Sweatshirt aber - das hat die abendländische Musikgeschichte noch nicht gesehen. Beim traditionellen Schulkonzert des Felix-Klein-Gymnasiums am Mittwoch abend konnte man Zeuge dieses großartigen Moments sein.

Souveräne Siebtklässler

Der Siebtklässler Henrik Plünneke spielte souverän und konnte auf die einfühlsame Klavierbegleitung der gleichaltrigen Nina Schridde zählen. Auch Oberstufen-Schüler servierten kammermusikalische Delikatessen: Daria Markarova (Querflöte) und Sören Radde (Gitarre) führten subtil und mit viel Veve durch Demillacs "Petite Suite Médiévale", Kirsten Send und Thora Swyter genießen in Rachmaninows "Six Morceaux" für Klavier zu vier Händen sowohl schwelgerische Innigkeit als auch temperamentvolles Aufbegehren. Markus Hille (Cello) und Beatrice Scheubel (Klavier) komplettieren mit Robert Schumanns "Phantasiestück" andächtig die kammermusikalische Reihe, die trotz vereinzelt noch fehlender Prägnanz der Phrasierung Lust auf mehr machte. Knapp 200 Schüler - soviel wie nie zuvor - sorgten für stilistische Abwechslung. Das Schulorchester stößt unter der Leitung von Lothar Steinert Mussorgskys "Bildern einer Ausstellung" in umarrangierter Orchesterfassung auf, um daahinter monumentale und profunde Klangwelten zu entdecken, die einige intonatorische Meinungsverschiedenheiten nebensächlich werden lassen. Der Schulchor und sein Leiter Michael Fink entschmalzen Schmachtfetzen wie "I will follow him" aus dem "Phantom der Oper" oder "California Dreamin'". Dazu tragen jazzige Solo-Passagen bei, die zum Bigband-Auftritt überleiten: "Jazztified" legt knackige, rhythmisch präzise Blechbläser-Parts sowie einfallsreiche Soli über vorwärtstreibenden Groove. In Stücken von Blood, Sweat & Tears und Stephen Sondheim versteht es Sängerin Miriam Besong, sich von einer Woge brodelnden Bigband-Sounds zu effektvollen Interpretationen tragen zu lassen. Und während andere noch über Pisa-Studien nachgrübeln, wir im FKG bereits für die "Dreigroschenoper" geprobt.

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