Franz Herzog - ein großer Chorleiter

Geburtstag eines großen Göttinger Chorleiters

99 Jahre ergeben zwar kein rundes Jubiläumsdatum. Dennoch ist es gerade für Göttingen lohnend, sich an einen prägenden Menschen der Stadt zu erinnern, der eben vor 99 Jahren, am 30. Mai 1917, geboren wurde. Die Rede ist von Franz Herzog. Manchen wird er noch als Musiklehrer und vor allem als Chorleiter im Gedächtnis sein. Einigen sind sicher auch Kompositionen von ihm bekannt. Über viele Jahre brachte er in Göttingen nachhaltige künstlerische Resultate hervor. Das begann schon 1953. Damals kam er als Musiklehrer des heutigen Felix-Klein-Gymnasiums hierher. Doch was er in diesem Rahmen leistete, ging weit über das Gewöhnliche, Unscheinbare hinaus: Sofort gründete er einen Schulchor, aus dem er schnell ein qualitativ bemerkenswertes Ensemble machte – ein Fundament, auf dem er dann 1962 den bis heute bestehenden Göttinger Knabenchor aufbaute. In seinen ersten Jahren am Felix-Klein-Gymnasium leitete Herzog zudem das Schulorchester, für das er auch Kompositionen schrieb. Und daneben führte er den Männerchor „Cäcilia“ zu einer bis dahin unerreichten Leistungshöhe. Woher kamen diese außergewöhnlichen Fähigkeiten? Viel Talent gehörte dazu. Und Herzog hatte das Glück, in der Tradition des Dresdner Kreuzchores unter Leitung des herausragenden Kantors Rudolf Mauersberger seine ersten prägenden musikalischen Eindrücke zu gewinnen und sich bereits hier als hochbegabter Chorleiter und Komponist zu profilieren. Bevor er nach Göttingen kam, war er u.a. in Peine und Braunschweig tätig. Mit dem Göttinger Knabenchor hatte sich Herzog sein ideales Vokalinstrument geschaffen, dem er zugleich sehr viel abverlangte. Herausragende Choraufführungen, wie die Darbietung seiner eigenen Palmström-Suite, anrührende und beliebte Traditionen, z.B. die jährlichen Weihnachtsmusiken, und fulminante Beteiligungen des Chores bei den Händel-Festspielen sind vielen Göttingern und früheren Chormitgliedern noch in bleibender Erinnerung. Mit der Zeit wurde der Chor nicht nur über Schallplatte, Rundfunk und Fernsehen bekannt, sondern fand auch internationale Anerkennung. In seiner unnachahmlichen Klangpracht und Ausstrahlungskraft spiegelte sich die große chordirigentische und pädagogische Kompetenz Franz Herzogs. Von Beginn an verlieh er seinem Chor ein unverkennbares klangliches Timbre und erzeugte stets hohe Motivationsbereitschaft und Begeisterung bei den Chormitgliedern. Und was nicht vergessen werden sollte: Herzog hat zahlreiche Werke komponiert. Er hinterließ ein vielschichtiges und interessantes Schaffen, neben Chormusik auch Orchester- und Bühnenwerke sowie Kammermusik. Die ältesten erhaltenen Noten gehen noch in die letzte Phase seiner Zeit im Dresdner Kreuzchor in den 1930-er Jahren zurück. Für diesen weltbekannten Knabenchor schuf er auch in den nächsten gut 20 Jahren mehrere Kompositionen. Die meisten Werke schrieb er für den Schulchor des Felix-Klein-Gymnasiums, später dann den Göttinger Knabenchor. Als Komponist war Herzog sehr vielseitig: Er bewegte sich sicher zwischen unterschiedlichen Gattungen und Besetzungen, zwischen der sogenannten „ernsten“ und „unterhaltenden“ Musik, und er verstand es immer, klangliche Originalität, handwerkliche Güte und künstlerischen Anspruch überzeugend zu vereinen. Für das kulturelle Leben Göttingens, und darüber hinaus, hat sich Franz Herzog also derart prägend eingebracht, dass sein 99. Geburtstag am 30. Mai ein Anlass ist, um sich an ihn zu erinnern – und gelegentlich sogar schon auf seinen 100. vorauszublicken. Denn im nächsten Jahr wird Franz Herzog in mehrfacher Hinsicht gefeiert. Zu verschiedenen Zeiten und an unterschiedlichen Orten Göttingens finden ihm zu Ehren Veranstaltungen statt: etwa ein Konzert im Rahmen des Händel-Festes am 28. Mai, in dem auch Musik aus seiner Feder erklingen wird. Schon jetzt vormerken sollte man sich auch die „Nacht der Chöre“ am 22./23. September nächsten Jahres, während der sich mehrere Göttinger Vokalensembles seiner Chormusik widmen. Daneben ist inzwischen beantragt, eine an ihn erinnernde Gedenktafel am Felix-Klein-Gymnasium anzubringen. Und zuletzt darf man gespannt sein auf die ebenfalls 2017 vorliegende erste Monographie über Franz Herzog. Der Dresdner Musikwissenschaftler Dr. Vitus Froesch arbeitet derzeit an einem umfangreichen Buch, das die Lebensstationen des Musikers genauso beleuchtet wie seine Leistungen als Chordirigent und Komponist. Auch so wird ihm ein bleibendes Denkmal gesetzt.
VF

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